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Theorie : Rezeptionstheorie / Rezeptionsästhetik

Theorie
Theorie: Rezeptionstheorie / Rezeptionsästhetik
Beschreibung: Literaturwissenschaftliche Rezeptionstheorien umfassen verschiedene Theorien, die die Rezeption von Literatur in ihren Mittelpunkt stellen. Das Spektrum dieser Theorien ist breit. Empirisch ausgerichtete Theorien fragen nach den tatsächlichen Rezeptionsprozessen und erhebbaren Rezeptionsdaten (vgl. Empirische Literaturwissenschaft), tendenziell hermeneutisch ausgerichtete Theorien fragen nach den im Text angelegten, die Rezeption leitenden Eigenschaften.
Theoriegeschichtlich besonders wirksam war die Rezeptionsästhetik, ein in den 1960er Jahren im deutschsprachigen Raum entstehender Ansatz der Literaturtheorie, -analyse und -geschichtsschreibung, in dessen Zentrum die Beziehung zwischen literarischen Texten und Lesern steht. Die Rezeptionsästhetik erhebt den Anspruch, die literaturwissenschaftliche Praxis von einer Fixierung auf werkimmanente und produktionsästhetische Phänomene zu befreien und die Bedeutung der Rezeption erstmals in angemessener Weise zu berücksichtigen. Sie stützt sich dabei auf die phänomenologisch orientierte Literaturtheorie Roman Ingardens. Die Rezeptionsästhetik hat zwei Spielarten entwickelt: (1) eine wirkungsästhetische, die von Wolfgang Iser erarbeitet worden ist, und (2) eine rezeptionsgeschichtliche, für die vor allem Hans Robert Jauß steht. (1) In Isers Wirkungsästhetik geht es um eine Beschreibung der literarischen Strukturen, die die Mitarbeit des Lesers an der Konstitution der Bedeutung eines literarischen Werkes fordern. Nach Iser enthält jeder literarische Text sogenannte Leer- und Unbestimmtheitsstellen, die von den Lesern konkretisiert bzw. ergänzt werden müssen, wenn sie den Text verstehen wollen. Verstehen wird damit als aktiver Prozess einer Sinnkonstruktion aufgefasst, insofern Leser mit den Leerstellen auf individuelle Weise umgehen. Jedoch haben sie dabei, so die normative Einschränkung der Rezeptionsästhetik, die Strategien des literarischen Texts zu beachten, die den Aktualisierungen durch die Leser Grenzen setzen und sie lenken (vgl. impliziter Leser). Nicht jede Lesart eines literarischen Textes ist demnach angemessen. (2) Unter Voraussetzung einer ähnlichen Theorie der Textkonstitution propagierte Jauß einen Perspektivenwechsel der Literaturgeschichtsschreibung von der werk- und autorzentrierten Sichtweise auf eine Rezeptionsgeschichte der Literatur. Sie untersucht z.B. die Aufnahme, die ein literarischer Text im Laufe der Zeit bei seinen Lesern gefunden hat und nimmt dabei an, dass diese leserseitigen Bedeutungszuschreibungen im Idealfall das ‚Sinnpotenzial’ des Texts aktualisieren.
Schlagworte
Jauß, Hans Robert; impliziter Leser; Rezeption und Wirkung; Iser, Wolfgang; Fish, Stanley; Appell; Holland, Norman N.; Ästhetische Erfahrung; Rezeptionstheorie / Rezeptionsästhetik; Konkretisation; Offener Text; Leerstelle / Unbestimmtheit; Rezeptionsgeschichte; Lektüre; Erwartungshorizont;
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