Beschreibung: | Wertungen von Literatur sowie Wertmaßstäbe, die an literarische Texte, Akteure oder literaturbezogene Gegenstände angelegt werden, bilden den Gegenstandsbereich der Wertungs- und Vermittlungsforschung sowie der Kanonforschung. Was unter dem ‚Wert’ von Literatur zu verstehen ist, ist umstritten. ‚Wert’ kann als eine intrinsische Eigenschaft von Literatur oder (heute überwiegend) als eine kontingente Zuschreibung verstanden werden, als eine quantifizierbare materielle Größe (Warenwert, Tauschwert) oder eine abstrakte Größe, die sich auf eine spezifische Qualität von Literatur bezieht (Poetizität, Schönheit u.a.). Unter ‚Wertung’ wird meist eine sprachliche oder nicht-sprachliche Handlung verstanden, mit der ein Subjekt einem Objekt (Gegenstand, Sachverhalt, Person etc.) die Eigenschaft zuordnet, in Bezug auf einen bestimmten Maßstab positiv oder negativ zu sein. In einer ‚literarischen Wertung’ (genauer: literaturbezogenen Wertung) ist das Objekt der Wertung ein literarischer Text oder eine Textpassage, ein Sachverhalt des literarischen Lebens, ein Autor etc., und als Maßstab fungiert ein literaturbezogener Wert. Literarische Texte sind demnach nicht als solche wertvoll oder wertlos, sondern erhalten diese Eigenschaften erst dann, wenn man sie auf Wertmaßstäbe bezieht und fragt, in welchem Umfang sie ihnen entsprechen. In der neueren Wertungs- und Kanonforschung wird daher in der Regel nicht nach überzeitlichen Qualitäten literarischer Texte gefragt, sondern meist werden faktische Wertungen von Texten, Autoren etc. untersucht, wobei z.B. auf soziologische oder kulturwissenschaftliche Methoden zurückgegriffen wird. Varianten des ethical criticism dagegen ziehen ethische Werte heran, um literarische Texte zu bewerten. |