Beschreibung: | Als 'Konstruktivismus' werden verschieden weitgehende erkenntnistheoretische Position benannt, deren grober gemeinsamer Nenner in der Annahme liegt, dass die 'Repräsentation' der Außenwelt eine Konstruktionsleistung des menschlichen Gehirns ist. Im literaturwissenschaftlichen Kontext werden konstruktivistische Annahmen insbesondere im Rahmen der Empirischen Literaturwissenschaft herangezogen, um die These zu belegen, dass Interpretationen stets auf der Basis einer je individuellen Auffassung (bzw. 'Konstruktion') eines Textes vorgenommen werden. In der Literaturwissenschaft wird oftmals zwischen einem radikalen und einem moderaten Konstruktivismus unterschieden. Vertreter eines radikalen Konstruktivismus (vgl. Siegfried J. Schmidt, "Siegener Schule") gehen von der Annahme aus, dass kognitive Systeme der Leser autopoietische Systeme sind, d.h. Systeme, die sich auf sich selbst beziehen und die operational und informationell geschlossen sind. Es gibt demnach keine 'Interaktion' zwischen Leser und Text, vielmehr kommt dem Text ausschließlich die Funktion eines Auslösers für Bedeutungskonstruktionen zu. Vertreter eines moderaten Konstruktivismus (vgl. Norbert Groeben, "Heidelberger Schule"), plädieren dagegen für 'erkenntnistheoretische Neutralität' und argumentieren oftmals pragmatischer. In ihrem Modell des Textverstehens kommt dem Textfaktor ein größeres Gewicht für die Bedeutungskonstitution zu als bei den radikalen Konstruktivisten. Darüber hinaus spielen konstruktivistische Annahmen auch in poststrukturalistischen Theorien eine große Rolle. Hier werden Kategorien wie 'Gender', 'Rasse' und 'soziale [[keyword:Identität]]' als sozial bzw. kulturell konstruiert angenommen (vgl. Feministische Literaturtheorie und Gender Studies, Postcolonial Studies). Untersucht wird oftmals die Darstellung dieser Kategorien in Literatur, z.B. als deren Reproduktion, Modifikation oder auch Subversion. |